Die Reise des Hermann – Bildergeschichte über das Hermannsdenkmal

Das Hermannsdenkmal auf Wanderschaft? Einmal quer durch Lippe und zurück…

Die Reise des Hermann

Idee/Bilder/Text (c)Merten Kunisch 2017 –www.bildakrobat.de

 

Die Geschichte wurde von mir gemeinsam mit der Lippischen Landes-Zeitung abwechselnd auf meiner Facebookseite und dem Onlineangebot der LZ im November/Dezember 2017 erzählt. Diese Zusammenfassung ist die einzige, offizielle Geschichte dieser Reise.

Das Hermannsdenkmal steht seit 1875 nahe Detmold auf der Grotenburg und mißt vom Boden bis zur Schwertspitze beachtliche 53m.

Abzüglich des Podests und des ausgestreckten Arms galt es also einen metallischen Riesen von etwa 20m Höhe durch Lippe zu bewegen – zumindest im Bild. 😉

Am 28.11.2017 wollte ich früh morgens für die Lippische Landes-Zeitung das Hermannsdenkmal fotografieren.

Als ich dort ankam, sah ich das große Schild vom Hermann auf dem Boden vor dem leeren Podest liegen. Die kleine Metallkuppel, auf der sonst der Hermann steht, war leer – der Hermann war weg (Bild 1).

Bild 1

Als ich zum Podest lief und mir ein Bild von der Situation machen wollte, sah ich in den Steinen des Podests die eingekratzten Worte „Bin Spazieren“, die der Hermann offensichtlich selbst mit dem Schwert in die alten Steine geritzt hatte (Bild 2).

Bild 2

Ich wollte schnell zurück zum Parkplatz laufen, und in der Redaktion anrufen, als ich nach einigen Metern stockte und auf den feuchten Steinen des Weges fast stürzte…

Da stand er direkt am Waldrand, gegenüber von seinem eigentlichen Stammplatz, und schaute über den Wald in Richtung Detmold.

Langsam bewegten sich seine Arme von hinten nach vorne über die Baumwipfel und ließen knisternd einige Äste und Blätter durch die Luft fliegen.

Diesen Moment konnte ich noch schnell mit der Kamera festhalten (Bild 3), bevor er zwischen knirschendem Holz im Wald verschwand.

Bild 3

So sehr ich mich auch beeilte, als ich mit dem Auto unten am Fuß des Berges ankam, war der Hermann weg.

Mit der Redaktion der Lippische Landeszeitung traf ich die Absprache, dass ich den Hermann weiter verfolge und zwischendurch mit Fotos der Sichtungen Bericht erstatte.

Meine Suche konzentrierte ich darauf hin auf die Kernstadt Detmold – schliesslich war das die Richtung, in die der Hermann verschwand.

Endlich, am 04.12.2017 entdeckte ich den Riesen in der Detmolder Innenstadt – direkt vorm Landestheater.

Dort versuchte der Hermann einen Blick ins Innere zu werfen, wobei ich ihn wieder fotografieren konnte (Bild 4). Kurz danach richtete er sich auf, schaute sich um und war mit wenigen Schritten im Doktorweg Richtung Lustgarten verschwunden.

Bild 4

Meine Suche blieb daraufhin erst erfolglos. Einige Tage lang suchte ich in und um Detmold nach ihm – ohne Erfolg.

Am 07.12.2017 brach ich nachmittags die Suche ab und fuhr zurück nach Lemgo – zumindest bis kurz hinter Bentrup – dort stockte der Verkehr und in der Ferne konnte ich etwas Großes auf der Strasse erkennen. In Schrittgeschwindigkeit folgte ich den vor mir fahrenden Fahrzeugen, bis ich in dem Verkehrshindernis den Hermann erkennen konnte. Diesen Moment hielt ich schnell mit der Kamera fest (Bild 5).

Bild 5

Der Hermann stand mitten auf einer Kreuzung und hatte eine Ampel hochgebogen um sich abzustützen.

Er schien dort schon etwas länger zu warten, da Einsatzkräfte bereits den Verkehr regelten und einige Autofahrer ausgestiegen waren. Irgendwie hatte ich den Eindruck, dass er verschmitzt lächelte – kann aber auch Übermüdung gewesen sein. Als mein Wagen zum Stehen kam, drehte er sich in Richtung Lemgo um und spazierte mit großen Schritten auf der Strasse weiter. Bis die Strasse wieder freigegeben wurde, hatte ich ihn allerdings mal wieder aus den Augen verloren…

Bis zum 11.12.2017 habe ich meine Suche dann auf das südliche Gebiet von Lemgo konzentriert, was offensichtlich falsch war.

Als ich gegen Mittag in der Mittelstrasse unterwegs war, hörte ich im Vorbeigehen, wie einige Leute von einem Hermann auf der Lemgoer Eiswelt redeten. Schnell ging ich zum westlichen Ende der Mittelstraße und fand den Hermann direkt auf der Eisfläche vor. Anscheinend war es ihm dort doch etwas zu glatt, denn er versuchte seine Rutschpartie, unter staunendem Blick, mit seinem Schwert an einem angrenzenden Hausdach zu bremsen, was sogleich einige Dachziegel in den Luftverkehr brachte. Den Moment konnte ich gerade noch mit der Kamera festhalten (Bild 6). Als ich die Kamera wieder eingepackt hatte, war er allerdings schon mit Schwung am Treffpunkt vorbei in Richtung Herforder Straße unterwegs.

Bild 6

Die darauffolgenden Tage musste ich mich erst um ein anderes Projekt kümmern, aber ich war guter Dinge, den Hermann nach meinen Berechnungen noch im lippischen Bereich antreffen zu können. Schliesslich hatte er in die Steine am Podest etwas vom Spazierengehen geschrieben und nicht von Flucht.

Am 14.12.2017 machte ich mich also in Richtung Westen wieder auf die Suche. Schnell wurde mir klar, dass der große Mann Tempo aus seinem Gang genommen haben musste – er überquerte direkt vor mir die Brücke über der Ostwestfalenstrasse kurz vor Retzen – begleitet von Einsatzkräften und Hubschraubern. Man wollte wohl die entstehenden Flurschäden im Auge behalten (Bild 7).

Bild 7

Obwohl ich nach der Durchfahrt unter der ächzenden Brücke in Retzen abgebogen bin, konnte ich ihn nicht mehr in voller Größe sehen, da er einen Schlenker in Richtung Bad Salzuflen gemacht hat. Aufgrund eines anderen Termins musste ich die Suche hier abbrechen.

Hoffnungsvoll parkte ich vormittags am 18.12.2017 im Parkhaus am Ostertor in Bad Salzuflen ein, als ich beim Blick aus dem Parkhaus bereits zwei grünlich schimmernde Flügel samt Helm über den Dächern der Altstadt erkennen konnte. Glück gehabt.

Schnell war ich auf dem Salzhof, wo gerade der Salzufler Weihnachtstraum eine gemütliche Weihnachtsstimmung verbreitet.

Etwas ausser Atem konnte ich den Hermann dabei beobachten, wie er fasziniert an der 12m hohen Weihnachtspyramide die etwas schwergängigen Flügel drehte (Bild 8).

Bild 8

Für das Foto hatte ich mich extra in nördlicher Richtung platziert, um seinen Weg weiter verfolgen zu können, was mir leider nicht gelang. Der Hermann schlenderte noch kurz über den Weihnachtsmarkt, beugte sich einige Male kurz nach unten, als wenn er etwas suchte, drehte sich aber dann in südliche Richtung und verschwand hektisch.

Diesmal bin ich dran geblieben und verfolgte die wenigen Spuren, die der Hermann auf harten Untergründen hinterließ.

Am 21.12.2017 führten mich genau diese Spuren dann auf die Detmolder Straße in Lage. Dabei konnte ich ihn mehrmals beobachten, wie er sich in Vorgärten beugte und scheinbar nach etwas suchte aber nicht fand. Kurz vor dem letzten Kreisel in Richtung Detmold stoppte er kurz, um gleich darauf zügig weiterzugehen und scheinbar schlechtgelaunt eine Straßenlaterne umbog – ich konnte noch schnell das Foto aufnehmen (Bild 9).

Bild 9

Die Richtung war also jetzt klar. Er wollte zurück, sein Spaziergang durch Lippe ging zu Ende.

Diesmal wartete ich also einfach am Fuss der Grotenburg auf den sportlichen Herrn.

Am späten Nachmittag des 23.12.2017 verschüttete ich meinen Kaffee, den ich wartend im Auto ansetzte, als sich direkt neben mir Bäume knirschend zur Seite wanden.

Der Hermann war auf dem Weg zu seinem Podest, und ich gab dem Altfahrzeug die Sporen.

Als ich hektisch den Bereich um das Denkmal erreichte, kam der Riese gerade wieder aus dem Wald gegenüber seines Podests und ich konnte ein Foto machen (Bild 10).

Bild 10

Seine Bewegungen waren entspannt und gemächlich, er wirkte zufrieden – in der Hand hielt er einen vorschriftsmäßig geschmückten Weihnachtsbaum. Ich blieb noch einen Moment in der kalten Luft stehen und schaute, wie der alte Mann zufrieden seinen Weihnachtsbaum direkt neben dem Podest in den kalten Boden stieß. Schön, dass es jetzt sowas auch mit Akkubeleuchtung gibt, dachte ich noch so, als der Hermann mit quietschenden Bewegungen langsam sein Schild aufhob und wieder auf sein Podest stieg.

Oben angekommen drehte er sich noch einmal langsam um und schaute zu seinem Baum. Dann blickte er nach vorne, reckte langsam den Arm samt Schwert in die Höhe und erstarrte wieder.

Schätzungsweise 10-20 Minuten stand ich einfach nur da. Es wurde langsam kalt. Ich holte den Kopter aus dem Auto und ließ ihn noch einmal um den Hermann kreisen, um ein letztes Foto zu machen.

Als ich danach auf die Uhr schaute, fiel mir ein, dass ich noch Getränke holen musste und fuhr zurück nach Lemgo.

Der Hermann war zurück, und meine Arbeit war getan.

Vielen Dank an die Lippische Landes-Zeitung für die Zusammenarbeit und an den Landesverband Lippe für die Möglichkeit, diese Idee umsetzen zu dürfen.

Mehr Infos zum Hermann gibt es hier: www.hermannsdenkmal.de

 

 

 

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